Ich bin Zeuge meiner Zeit
Am 27. Januar findet in Deutschland der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Aus diesem Anlass ruft der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper, alle jungen Berlinerinnen und Berliner auf, sich am Jugendforum denk!mal ’10 zu beteiligen.
Unter dem diesjährigen Motto „Ich bin Zeuge meiner Zeit“ sollen Jugendliche unterstützt und gewürdigt werden, die sich durch individuelles Engagement, Gruppeninitiativen oder Schulprojekte für Toleranz und Verständigung einsetzen und das Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus wach halten.
Höhepunkt des Jugendforums denk!mal ’10 ist die große Abschlussveranstaltung am 18. Januar 2010, bei der ausgewählte Projekte im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses von Berlin auf die Bühne gebracht werden. Wir Freuen uns, dass wir für die Moderation des Abendprogramms Anastasia Zampounidis gewinnen konnten. Im Anschluss an die Bühnenpräsentation wird der Präsident eine Ausstellung im Casino des Hauses eröffnen, bei der alle eingereichten Projekte vom 18.-25. Januar zu sehen sein werden.
Dokumentation
Die Dokumentation kann als PDF-Datei hier heruntergeladen werden.
Projekte
Alle eingereichten Projekte aus dem Jahrgang 2010 findet ihr hier!
Zeuge meiner Zeit
Das diesjährige Motto „Ich bin Zeuge meiner Zeit“ soll dazu ermutigen, Öffentlichkeit gegen aktuelle Formen von Rassismus, Intoleranz und Ausgrenzung herzustellen. Es soll aber auch dazu anregen, Zeitzeugen zu befragen, die die Verfolgung durch die Nazis überlebt haben oder stumme Zeugnisse der NS-Geschichte aufzuspüren, um ihnen eine Stimme zu verleihen.
Lebendige Erinnerung
Während die grausamen Verbrechen der Nazidiktatur für die junge Generation oft wenig greifbar wirken und meist nur von schwarz-weiß Fotos bekannt sind, ist bei den überlebenden Zeitzeugen die Erinnerung noch lebendig, welche die Lehren aus der Geschichte unmittelbar verständlich macht. Aber wer fragt sie?
An vielen Orten der Stadt finden sich steinerne Zeugen der Geschichte. Gedenktafeln, Stolpersteine, historische Gebäude und Straßenzüge zeugen von Schauplätzen der Verfolgung und der Deportation, aber auch der Zivilcourage und des Widerstands gegen das NS-Regime. Doch wer kennt heute noch ihre Bedeutungen?
In den Stadtarchiven lagern unzählige Dokumente über Lebensgeschichten, von denen niemand mehr erzählt. Sie bilden stumme Zeugnisse von Menschen, die einst in unseren Kiezen lebten, die von Nachbarn zu Verfolgten und Ermordeten wurden. Von Kindern, die in unsere Schulen gingen, bis sie eines Tages verschwanden. Wer weiß schon um die Schicksale der Vormieter aus der eigenen Altbauwohnung?
Um die Gegenwart beurteilen zu können, ist es wichtig, die Vergangenheit zu begreifen. Dazu braucht es Menschen, die die Zeugen der Geschichte befragen und die Erinnerung lebendig halten.
Gelebte Verantwortung
Auch heute gibt es in Deutschland rechtsextreme Einstellungen, gehören rassistische, antisemitische und homophobe Übergriffe zur Realität. Um ihnen wirksam entgegentreten zu können, ist das Engagement jedes Einzelnen unverzichtbar.
Wir müssen aus den Zeugnissen der Vergangenheit ein Bewusstsein für die historische Bedeutung des eigenen Handelns in der Gegenwart entwickeln. Denn auch heute kann jeder junge Mensch ein Zeuge seiner Zeit sein.
Dazu ist es jedoch notwendig, seiner Zeit aufmerksam und mit geschärften Sinnen gegenüberzutreten.
Denn nur …
… wer seine Augen nicht verschließt vor Demütigung und Ausgrenzung,
… wer nicht weghört, wo Menschen diskriminiert werden,
… wer eine Aussage macht und Rassismus beim Namen nennt,
nimmt die Verantwortung für die Gegenwart an und wird zum Zeugen seiner Zeit.
Eine Zeugenaussage hat dabei den Zweck, bestehendes Unrecht zu benennen, eine Veränderung im Bewusstsein, Handeln und Leben der Menschen zu bewirken und damit der Gerechtigkeit zur Durchsetzung zu verhelfen.
Das Vermächtnis der Überlebenden
Ein Höhepunkt des zurückliegenden Jugendforums denk!mal ’10 war der Auftritt des Holocaustüberlebenden Max Mannheimer, der auf Einladung des Präsidenten zur Abschlussveranstaltung nach Berlin angereist war. “Heute, 65 Jahre nach meiner Befreiung hier in dieser Stadt, in der am 20. Januar 1942 die sogenannte Endlösung der Judenfrage beschlossen wurde, als Ehrengast zu Ihnen sprechen zu dürfen, bewegt mich ganz besonders”, so Mannheimer zu Beginn des Gesprächs mit Anastasia Zampounidis.
Der fast 90-Jährige berichtete den anwesenden Jugendlichen über seine Erlebnisse während der NS-Zeit und betonte die Verantwortung der jungen Menschen, das Geschehene nie zu vergessen und die Demokratie täglich aufs Neue zu verteidigen: “Wenn die Zeit der Zeitzeugen zu Ende geht, seid ihr in der Pflicht, einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Vergangenheit zu garantieren und daraus Handlungsmaximen für die Gegenwart abzuleiten.”
Daraufhin stellte Max Mannheimer im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses das “Vermächtnis der Überlebenden” vor. Es war im Januar 2009 von allen Präsidenten der Internationalen Lagergemeinschaften unterzeichnet worden und richtet sich als ständiger Appell “Erinnerung bewahren – authentische Orte erhalten – Verantwortung übernehmen” an die nachfolgenden Generationen.
Das Dokument steht ab sofort zum Download zur Verfügung.