2004  mach!mal  

Beitrag gegen das Vergessen

Gustav-Freytag-Oberschule

Schülerinnen und Schüler der

Gustav-Freytag-Oberschule

 pflegen Beet als „Beitrag gegen das Vergessen“:

„Wie in jedem Jahr fand am 9. November eine Gedenkfeier für die Opfer von Gewaltherrschaft am Rathaus Reinickendorf statt. Nach der offiziellen Kranzniederlegung übergaben Schüler der Gustav-Freytag-Oberschule die Pflege des Rosenbeetes, das an die Vernichtung des Dorfes Lidice erinnert, an die Vertreter der Bertha-von-Suttner-Oberschule.“

Detmet Kilic (Klasse 10b) trug zu diesem Anlass ein selbst geschriebenes Gedicht vor. Weitere Schüler brachten im vergangenen Jahr ihre Eindrücke zu Papier.

Hier ihre Beiträge:

Hier stehen wir nun,
Menschen ohne Heimat und ohne Ziel.
Ob wir leben oder sterben,
All die Menschen ohne Herz interessiert dies nicht viel.

Zu weinen haben wir verlernt,
Wir sehen schwer- mit leerem Blick.
Längst hat die Angst die Tränen im Kummer erstickt!

Ich bin mir nicht sicher,
Wie lange mein Körper so noch existieren kann,
Ob er wohl die Lasten meiner Seele tragen kann.

Wie soll ich denn eine Heimat finden,
Wenn sie als Asche mir zu Füßen liegt?
Woher soll ich wissen,
Ob es auf dieser Welt noch einen Menschen für mich gibt?

Die Sonne verschwindet am Horizont,
die Dunkelheit bin ich gewohnt.

Mein Körper ist voller Angst und Trauer,
Und mein Mund baut aus meinen Gefühlen eine unsichtbare Mauer.

Wie lange wollt ihr uns noch mit Blindheit ansehen,
ohne zu versuchen unsere Leiden zu verstehen?

Doch ich will nicht eure Fehler machen,
Will nicht Freunde nur mit Hass betrachten!

Und werde ich irgendwann einen armen Menschen sehen,
Setze ich mich hin zu ihm,
und vielleicht findet er die Kraft,
Mit mir zu gehen!

Demet Kilic  10 b

Mein erster Eindruck in Lidice war Trauer, als ich das Gelände sah, das heute Gedenkstätte ist und auf dem das Dorf stand. Es war ein großer, freier Raum, aus dem das schlichte Holzkreuz am Massengrab der getöteten Männer hervorragte. Außerdem nahm das Denkmal für die umgebrachten Kinder den Blick gefangen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass hier einmal fröhliche Menschen lebten. Ein Museum gibt Auskunft über das frühere Leben im Dorf und seine Vernichtung.

Als ich die noch lebenden Frauen sah, wagte ich nicht mit ihnen zu reden. Mein beklommenes Gefühl verschwand, als mich eine der Frauen freundlich ansprach. Im Gespräch wurde mir klar, was diese durchgemacht haben und ich empfinde großen Respekt, dass sie bereit sind den Kontakt zu uns aufzunehmen, das heißt zu Deutschen, die ihnen so viel Leid zugefügt haben. Ich wünsche den Frauen noch viele gute Erfahrungen mit uns.

Florian Huth  10 b

Ich interessiere mich für Geschichte und fand es sehr gut, einmal außerhalb der Schule etwas über unsere jüngere Vergangenheit erfahren zu können. Deshalb nahm ich auch gerne an einer Fahrt nach Lidice teil.

Zuerst bekamen wir dort viele Informationen durch einen Besuch im Museum und den danach gezeigten Film. Aber darüber hinaus wurde mir klar, dass wir Jugendliche aus Deutschland durch unsere Anwesenheit, unser Interesse aber auch durch unsere Betroffenheit menschlich ein klein wenig Unrecht wieder gutmachen können.

Trotz der Sprachschwierigkeiten konnten wir Frauen von Lidice gut verstehen. Wir erfuhren aus ihren Erzählungen, wie furchtbar ihre Erlebnisse damals waren und ich selbst kann mir noch immer nicht vorstellen, wie sie das Erlebte überwinden konnten. Ich bewunderte das Vertrauen und die Freundlichkeit, die sie uns entgegengebracht haben.

Dieses Reiseerlebnis hat mich tief beeindruckt und es wäre schön, wenn sich zu den Jugendlichen noch mehr Kontakte ergeben und aufrichtige Freundschaften entstehen würden, die helfen könnten, die Vergangenheit ein Stück weit gemeinsam zu bewältigen.

Als Zeichen unseres guten Willens sind wir gerne bereit die Pflege des Rosenbeetes für ein weiteres Jahr zu übernehmen.