2004  mach!mal  

Ländertage an der Grips Grundschule

Grips Grundschule

Die Grips-Grundschule liegt in der Kurfürstenstraße in Tiergarten/Mitte, mitten im sozialen Brennpunkt. Die Schule besuchen ungefähr 67% Kinder nichtdeutscher Herkunft. So finden sich in der Klasse 6a neben deutschen Kindern auch Kinder aus zahlreichen anderen Ländern zusammen: Afghanistan, Türkei, Sri-Lanka, Ägypten, Libanon, Bosnien, Serbien, Tunesien, Vietnam. Schon immer sind deshalb multikulturelle Themen und die Herstellung von Bezügen zu den unterschiedlichen Herkunftskulturen der Kinder wichtiger Bestandteil des Unterrichts.

Seit dem vergangenen Schuljahr, angeregt durch ein gemeinsames Vorhaben mit der Berliner Kinderzeitung KIEK MAL, finden nun in der mittlerweile 6. Klasse sogenannte Ländertage statt. Strukturiert durch feste Programmpunkte stellen einzelne Kinder bzw. kleine Gruppen von Kindern aus dem gleichen Herkunftsland an einem Schultag ihre Wurzeln vor.

Diese Tage bereiten die verschiedenen Kinder in Zusammenarbeit mit ihrer Klassenlehrerin Margerita Serbser und ihrer Deutschlehrerin Irene Hoppe vor. Sie sind für sämtliche Kinder der Klasse wichtige Höhepunkte im Schulleben, an denen viel gelernt wird: Die Kinder lernen fremde Kulturen, Religionen, Traditionen, Lebensformen kennen, verstehen und schätzen. Außerdem lernen sie dadurch zunehmend einen toleranteren Umgang miteinander, der in einer so zusammengesetzten Klasse nicht immer von allein entstehen kann.

Viele der Kinder, die ihr Land vorstellen und dabei großen Stolz entwickeln,  erfahren auf diesem Weg Wichtiges über ihre Herkunft, über die Kultur, aus der sie kommen und die bei den meisten auch den Alltag in Deutschland mitprägt. Angeregt beispielsweise durch das ???????-Fragezeichen-Interview (lies: Sieben-Fragezeichen-Interview), auf dessen Fragen sich die Kinder zu Hause mit ihren Eltern vorbereiten, entsteht in nicht wenigen Familien erstmals eine Kommunikation darüber, welche Beweggründe die Familie ursprünglich nach Deutschland geführt hat.

Besonders bedeutsam ist für die Kinder natürlich, dass an den Ländertagen Frau Müller, Redakteurin der Berliner Kinderzeitung KIEK MAL, anwesend ist und in der zweimonatlich erscheinenden Zeitung die Kinder portraitiert und über die Ländertage berichtet.

Die sich anschließenden Meinungen der Kinder und die beigefügten Fotos geben einen guten Eindruck von unseren Ländertagen wieder.

Meinungen der Schülerinnen und Schüler

Die Ländertage sind sooo toll. Wir lernen viele Sitten kennen. Die ganzen Kinder, die ihr Land vorgestellt haben, kenne ich jetzt viel besser und ich verstehe mich mit jetzt mit ihnen viel besser. Die verschiedenen Bräuche, das unterschiedliche Essen – alles finde ich faszinierend. Seitdem verstehen sich die meisten in unserer Klasse. An meinem ÄGYPTEN – Tag gab ich mir zusammen mit meiner Familie sehr viel Mühe. ManalIch finde die Ländertage ganz schön, weil wir viel über die anderen Länder lernen. Und wir wissen dann, wie das in der Familie von den Kindern so abgeht. Bis jetzt haben mir die Vorträge von den Kindern gefallen. Ich hoffe, dass das so weitergeht.Mein Afghanistan-Tag war auch toll. Wahid
Die Ländertage machen Spaß. Man kann so viel lernen. Es werden interessante Dinge erzählt. Man lernt die anderen Religionen kennen und viele Geschichten über die Länder. Ich freue mich schon auf den nächsten Ländertag. Denn nach den Ländertagen versteht man die Kinder besser. ClaudiusIch finde die Ländertage einfach super. Ich habe schon sehr viel über verschiedene Religionen und Länder gelernt. Bis jetzt waren alle Länder superklasse. Ich finde das Basteln und die Leseschätze-Hefte wunderschön. Die Kinder haben schöne Erinnerungen aus ihrem Land vorgestellt. Ich habe das auch gerne für mein Land – die Türkei – gemacht. Merve
Ich finde, die Ländertage waren sehr gut und ich erfahre mehr über andere Länder.Ich werde zu meinem Ländertag sehr viele Sachen mitbringen und werde versuchen, dass andere Kinder auch unterstützt werden. An den Tagen ist meine Klasse besonders nett. IljaIch finde die Ländertage total super! Wir lernen viel über andere Religionen und erfahren viel über die Bräuche anderer. Wir lesen Geschichten aus vielen Ländern und diskutieren darüber. Leider ist es nicht immer so friedvoll in unserer Klasse wie an den Ländertagen. Aber ich wünsche, dass wir dabei viel für das Zusammenleben in unserer Klasse lernen. Michelle
Zwar war ich nur bei zwei Ländertagen dabei, aber sie waren wunderbar! Ich habe viel über die Länder und ihre Sitten gelernt. Früher fand ich die türkischen Kinder komisch, jetzt verstehe ich sie. Durch den türkischen Ländertag habe ich gelernt, dass die Augen auf Perlen vor bösen Blicken schützen sollen. Ich möchte unbedingt noch mehr Ländertage erleben. MariaIch finde es super, dass wir solche Tage haben. Man lernt was über viele verschiedene Kulturen und Religionen. Wenn es darauf ankommt, dann ist unsere Klasse auch wirklich ein Superteam. Doch manchmal, wenn wir diese Tage nicht haben, dann geht alles durcheinander. Manchmal wünsche ich, es würde jeden Tag diese Ländertage geben, denn dann sind wir immer eine SUPERKLASSE. Inayet
Mir machen diese Tage viel Spaß, weil man sehr viel von den anderen Ländern lernt. Zum Beispiel sieht die Kleidung der anderen Länder sehr gut aus. Und Induja aus Sri-Lanka kann ich jetzt viel besser verstehen. OnurMan lernt sehr viel über das Land, aus dem das Kind herkommt. Die Kinder bereiten den Tag sehr gut vor. Ich möchte gern auch noch andere Länder so kennen lernen. Es macht viel Spaß und ich erfahre, warum manche hier anders leben. Jessica
Ich finde die Tage einfach super. Von diesen schönen Tagen können wir viel lernen. Zum Beispiel wusste ich nicht, dass man arabisch von links nach rechts schreibt. Das habe ich am Afghanistan-Tag gelernt. Das ist einfach super. Frau Müller von der KIEK MAL ist immer mit dabei. Sie macht tolle Bilder von uns. Danach kommen sie in ihre Zeitung. Ich finde das Essen immer am besten. IndujaIch finde die Ländertage super, weil man was über die Religionen erfährt. Wir haben bis jetzt Afghanistan, Sri-Lanka, Türkei und Ägypten gehabt und alle Tage waren toll. Steffi
Ich finde die Ländertage sind wirklich interessant. Man erfährt so viel. Man isst auch sehr viel und erfährt, wie lecker das Essen ist. Es macht Freude, die Religionen und Länder kennenzulernen. Ich bin glücklich, dass wir in unserer Klasse so viele Kinder aus anderen Ländern haben. TiffanyDie Ländertage, die ich mit meiner Klasse erlebt habe, waren sehr schön. Ich freue mich schon auf den Tag, wenn ich vorstelle, wo meine Familie herkommt. An dem Tag mache ich auch sicher keine Probleme. Foaad
Die Ländertage sind ganz toll, weil wir viel an diesen Tagen lernen. Es macht Spaß, was über die Kinder und ihre Länder zu erfahren. In unserem Schulalltag ist es nicht immer so freundlich, und ich hoffe, jeder hat was durch die Tage gelernt. EminBei diesen Tagen lernen wir sehr viel über andere Länder und ihre Religionen. Es gibt auch viel zu essen und zu trinken. Unsere Klasse interessiert sich sehr und soll sich noch viel mehr interessieren. Dominik
Ich finde die Ländertage ganz gut. Sie machen viel Spaß, am meisten mag ich die Flaggen. Die Flaggen sind ganz interessant. Manche Flaggen haben einen Adler oder etwas anderes. Das Essen ist immer lecker, das ist natürlich das Beste. Ich finde noch gut, dass wir sehr viel lernen können. Ich wusste nämlich noch gar nicht, dass das türkische blaue Auge vor bösen Blicken schützt. HusseinAlso, ich finde die Ländertage interessant, schön, wunderbar anders, toll, besonders, anregend. An den Ländertagen haben sich alle Kinder vertragen und wohl gefühlt (ausnahmsweise mal!). Es war einfach super! Und es haben alle Kinder etwas daraus gelernt, hoffe ich. Marie

Sri Lanka – heiße Insel vor der Küste Indiens

Obwohl die hübsche dunkelhäutige Induja das Land ihrer Eltern noch niemals mit eigenen Augen gesehen hat, ist ihr Sri Lanka sehr nahe. Ihr Name bedeutet: Hindumädchen. Das verbindet sie mit der Kultur ihres fremden Heimatlandes. Induja und ihre Familie gehören zum Volk der Tamilen, einer großen Gruppe der Bevölkerung in Sri Lanka, in der Kolonialzeit auch Ceylon genannt.

Seit der ersten Klasse geht Induja in Berlin zur Schule, spricht mehr Deutsch als ihre Muttersprache, hat gute Freundinnen in der klasse und ihre Lehrerinnen loben sie als eine besonders interessierte Schülerin. Einen Vormittag lang entführt das Mädchen ihre Klasse nach Sri Lanka, einem Inselland vor der indischen Küste, das von Berlin aus erst nach 12-stündiger Flugreise zu erreichen ist. Dort gebt es keinen Ausdruck für Schnee, weil die Menschen diese kalte weiße Masse noch nie gesehen haben. Denn auch im Winter herrschen in Sri Lanka etwa 28°. Die Sommertage sind oft heißer als 40°. Die Mädchen und Frauen schützen ihren Körper mit dem dünnen Tuch des „Sari“ vor der Sonne und vor Blicken anderer. Auch Induja trägt ihn an besonderen Tagen, sonntags zum Beispiel, wenn si einen tamilischen Tanzkurs besucht. Denn Tanzen ist in Sri Lanka wichtig für die Menschen. Sie feiern gerne die Feste ihrer Religion, beispielsweise das Jahrsfest am 15. Januar zu dem auch Geschenke gehören. Regelmäßig am Sonnabend schlüpft  Induja in ihre Schuluniform und besucht die Schule des Tamilischen Bildungswerkes in Berlin. Hier lernt sie in ihrer Muttersprache Lesen und Schreiben. Das bedeutet für Induja 247 verschiedene Buchstaben der tamilischen Sprache zu beherrschen. Für das Mädchen kein großes Problem. Gern zeigt sie den Klassenkameraden der 6a ihr Zeugnis der Tamilischen Schule. Es kann sich sehen lassen! Indujas Eltern halfen beim Sammeln der Informationen über ihr Heimatland – ein Land, das durch viele Kriege gezeichnet ist. Das war auch der Grund für die Eltern, ihrem Land den Rücken zu kehren. Sie sind Berliner geworden, Indujas Mutter arbeitet bei der Post, der Vater ist Küchenchef in einem Berliner Café und ihr 14-jähriger Bruder geht noch zur Schule, von ihm sagt sie: „Er beschützt mich gern.“ Zu Hause kocht Indujas Mutti oft tamilisches Essen. Rindfleisch kommt bei der Familie niemals auf den Tisch. Denn die Religion ihres Volkes behandelt Tiere mit besonderer Ehrfurcht vor dem Leben. Die Kuh liefert Lebensmittel und mit den Kuhfladen auch Brennmaterial. Außerdem hilft sie bei der Arbeit auf dem Feld. Deshalb wird eine Kuh in Sri Lanka oder Indien niemals geschlachtet. Sie ist heilig. Nach Sri Lanka zu reisen ist sehr teuer und nicht ganz gefahrlos für Indujas Familie. Einmal dort zu leben, kann sich das Mädchen gar nicht vorstellen.

Salom a leikom Land am Hindukusch!

Mit dem Flugzeug sind es von Berlin mindestens 9 Stunden, per Auto mehrere tage, ehe man Afghanistan erreicht. Die 5a der Grips-Grundschule gelangte schneller in dieses ferne Land. Dabei half ihr Klassenkamerad Wahid. Sein Name bedeutet – der Einzige. Die Eltern kamen aus dem fernen asiatischen Land Afghanistan an die Spree, weil zu Hause ein langer Krieg tobte. Erst in Berlin lernten sie sich kennen, heirateten, ohne dass ihre Eltern sie füreinander ausgewählt hatten , wie es sonst in ihrem Land üblich ist. Sie bekamen drei Kinder. Wahid ist der Älteste, ein Junge mit hübschen schwarzen Augen und dunklen Haaren. Er hat die Heimat seiner Eltern noch nie gesehen, denn dorthin zu reisen ist auch nach dem Sturz des schlimmen Regimes der Taliban noch viel zu gefährlich für eine Familie. Um ihrem Land näher zu sein, haben die Eltern Fotos, Einrichtungsgegenstände, Kleidungsstücke, Bücher, Rezepte und Musik aus ihrem Land aufbewahrt. Sie freuen sich, dass sich seine Klasse nun einige Stunden lang dafür interessiert. Die Kinder suchen das Land auf der Weltkarte im fernen Asien, erfahren, dass es vom hohen Gebirge, von Wüsten und grünem Land geprägt ist. Dort herrschen lange, kalte Winter, aber auch heiße, trockene Sommer. Das Land liegt am Hindukusch, einem Gebirge mit Bergen bis zu 6.000 Metern. Wahids Familie gehörte in Afghanistan zur Mittelschicht. Sein Großvater war Arzt und hatte ein schönes Haus mit vielen Zimmern in der Hauptstadt Kabul Ein Foto von dem Haus und der Straße gehört zu den Schätzen, die Wahids Familie besonders hütet. In einer wahren Schatzkiste hat der Junge viele interessante Dinge mitgebracht. Jeder Gegenstand birgt ein Stück Geschichte Afghanistans.