2004  mach!mal  

Projekt: Stolpersteine

Carl-von-Ossietzky-Oberschule

Das Projekt Stolpersteine führt Jugendliche über den Weg einer Aktenrecherche im Landesarchiv für offene Vermögensfragen und in der Bonhoeffer Nervenklinik über Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden, an die menschenverachtenden Ereignisse zur Zeit des Faschismus heran. Das Besondere des Projekts ist der Zugang zu einem direkten Zeugnis bürokratischer Macht, verbunden mit einer oft sehr bewegenden Konfrontation mit der letzten Unterschrift und handschriftlichen Angaben der betroffenen Opfer. Eine weitere Besonderheit des Projekts ist das Heranrücken dieser Opfer und auch der Täter aus einem anonymen Umfeld; denn die Personen, die hier Gegenstand der Recherche und Auseinandersetzung sind, wohnten zur Zeit ihrer Deportation in der unmittelbaren Nachbarschaft der Schülerinnen und Schüler, manchmal im gleichen Haus. Diese Nähe wirkt erschreckend; denn es erscheint uns in unserem vertrauten Umfeld alles so normal. Wer kann sich da vorstellen, dass aus einer solchen Atmosphäre heraus derartige Tragödien und Verbrechen möglich waren. Es drängt sich die Frage nach den Nachbarn auf. Wie war es möglich, aus ihrer Mitte heraus Verhaftungen vorzunehmen, die in die Vernichtungslager führten? – Hierzu informieren sich die Jugendlichen über Kreuzberger Dokumente und sie suchen Begegnungen mit Zeitzeugen aus der Nachbarschaft sowie über das Internet, um an weitere, möglichst persönliche Informationen zu kommen.

Eine Fahrt nach Auschwitz mit einer Führung durch das KZ und das ehemalige jüdische Viertel in Krakau bietet weitere Informationen und Eindrücke zum Zeitgeschehen. Aus all diesen entwerfen die Jugendlichen eine Art Lebensbild von dem Menschen, dem sie sich im Laufe des Projekts genähert haben.

Vor die letzte Wohnanschrift der Opfer wird dann ein Stolperstein verlegt, ein Kreuzberger Pflasterstein, versehen mit einer Messingplatte, in die Name, Geburts- und Deportationstag und Ziel der Deportation eingraviert sind. Bei der Verlegung tragen die Jugendlichen vor der Öffentlichkeit der Nachbarschaft, die zur Verlegung eingeladen wird, ihre Ergebnisse vor. Die Nachbarn werden auch in sofern in das Projekt integriert, als sie als Paten bzw. Spender für die Steine geworben werden; der Betrag von 95,- € geht an den Künstler, Gunther Demnig, der das Projekt initiierte und die Steine herstellt und verlegt.

Die Schülerarbeiten werden jeweils in einer Dokumentationsmappe zusammengefasst, die einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Unsere Schule, die Carl-von-Ossietzky-Oberschule, hat im Jahre 1991 dieses Projekt als Modellprojekt durchgeführt; in diesem Schuljahr 2003/04 beteiligen sich 36 Schülerinnen und Schüler des 1. Semesters im Rahmen des Unterrichts Politische Weltkunde an dem Projekt.