2004  mach!mal  

Stumme Zeugen

Gutenberg-Oberschule

Eine Ausstellung über den Belower Wald

Im April 1945 wurden durch die Nationalsozialisten etwa 50.000 Häftlinge aus den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen auf einem Marsch in Richtung Norden getrieben. Im Belower Wald errichtete die SS einen Lagerplatz für die erschöpften und ausgehungerten Häftlinge. In wenigen Tagen starben dort 700 bis 800 Menschen. Heute noch sichtbare durch die Häftlinge eingeritzte Zeichen und Inschriften in die Baumrinde sind letzte Spuren ihres Leidensweges.

Mit diesen schrecklichen Ereignissen haben sich die Schülerinnen und Schüler der AG „Gewalt?“ der Gutenberg-Oberschule in Berlin-Lichtenberg und der AG „gegen rechts“ des F.F.-Runge-Gymnasiums in Oranienburg eingehend beschäftigt und ihre Ergebnisse und Gedanken in einer Ausstellung be- und verarbeitet.

„Stumme Zeugen – eine Ausstellung über den Belower Wald“

Im September 2002 fand in der DGB-Jugendbildungsstätte in Flecken Zechlin ein Seminar zum Thema „Belower Wald“ statt. Teilgenommen haben Schülerinnen und Schüler der AG „gegen rechts“ des F.F.-Runge-Gymnasiums in Oranienburg und der AG „Gewalt?“ der Gutenberg-Oberschule in Berlin-Hohenschönhausen. Ziel war die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik und dem Todesmarsch. Im Mittelpunkt stand dabei der Besuch der Gedenkstätte im Belower Wald. Der Brandanschlag auf das Museum eine Woche zuvor veranlasste die Jugendlichen das eigentliche Programm spontan zu erweitern. Ein Teil der Gruppe führte in Wittstock Interviews mit PassantInnen durch, die nach ihrer Meinung zum Anschlag befragt wurden. Zugleich wurde die Zerstörung des Museums auf Video und mittels Digitalkamera dokumentiert. Bei der Auswertung am Ende des Seminars entstanden Texte, Poster und Collagen sowie ein Gedicht über den Belower Wald. Darüber hinaus fand ein Workshop zur heutigen rechtsextremistischen Ideologie statt.

Schon während des Seminars beschlossen die Jugendlichen, ihre Eindrücke über den Belower Wald anderen Jugendlichen in Form einer Wanderausstellung näher zu bringen.

Um dieses Vorhaben umzusetzen, fand ein weiteres dreitägiges Seminar im Dezember 2002 statt. Das Ausstellungskonzept wurde konkretisiert und einzelne Ausstellungstafeln bearbeitet. Alle Texte, Bilder, Collagen sowie die Ausstellungskonzeption wurden von Mitgliedern der beiden AGen erarbeitet. Anfang April 2003 bauten die Jugendlichen beider AGen die Ausstellung im Todesmarschmuseum im Belower Wald, der ersten Station der Wanderausstellung, gemeinsam auf. Am 11. April wurde sie dort eröffnet.

Das Runge-Gymnasium war die zweite Station. Ein kleine festinstallierte Version der Ausstellung gibt es in der DGB-Jugendbildungsstätte in Flecken-Zechlin, die die Entstehung der Ausstellung pädagogisch begleitet hat.

Im August wurden Ausschnitte der Ausstellung auch auf dem „Fest der Hoffnung“ in Oranienburg und zwei Wochen später beim „Tag der Mahnung und Erinnerung“ in Berlin präsentiert.

Dritte Station war die Gutenberg-Oberschule, die aus Platzgründen allerdings nur einen kleinen Teil der Ausstellung zeigen konnte. Es wird jedoch auf das „Original“ im Bezirksamt verwiesen.

Die Beteiligten haben auf Grund der gegenwärtigen Entwicklung im Stadtbezirk die Idee geäußert, in der Anna-Seghers-Bibliothek in Berlin-Hohenschönhausen nachzufragen, ob die Ausstellung auch dort gezeigt werden kann, denn die wachsende rechte Infrastruktur ist besorgniserregend.

Im Linden-Center existiert ein Laden, der von rechtsextremen Jugendlichen bevorzugte Textilien wie z.B. der Marke „Thor Steinar“ vertreibt. Des Weiteren gibt es dort einen Zeitungskiosk, der die rechtsextremen Blätter „National-Zeitung“ und „Junge Freiheit“ anbietet.

Auch „Kategorie C“ gegenüber vom Linden-Center ist ein Geschäft, das Kleidung und Utensilien verkauft, die rechtsorientierte Jugendliche besonders ansprechen. Ganz in der Nähe öffnete vor kurzem das Restaurant „Germanenhof“.

Eine Skatervorführung im September 2003 auf dem Prerower Platz setzte ein deutliches Signal gegen diese rechten Tendenzen. Danach kam es forciert zu Drohungen und Überfällen – bis hin zu einem brutalen Übergriff auf einen 14-jähriger Punk.

Hoffen wir, dass „Stumme Zeugen“ als eine „Ausstellung gegen das Vergessen“ auch einen Beitrag dafür leisten kann, die Menschen wachzurütteln.

 Rechtsextremismus zu ignorieren ist mit Sicherheit der falsche Weg.